Heute, am 23. Juli 2020, haben die Prozesse gegen die Angeklagten im Zuge der Hausbesetzung der Kronenstraße letzten Jahres begonnen. Die erste Angeklagte wurde beim Jugendgericht zu 60 Sozialstunden verurteilt; der Vorwurf war Hausfriedensbruch.
Die Kronenstraße 21 wurde im Rahmen der Squatting Days letzen Oktober besetzt und konnte einen Tag gehalten werden bis das SEK mit Drohnen über die Menschen im Haus herfiel.
Die Mieter*innen in der Kronenstraße 21 waren vom Eigentümer Maximilian Kehl seit 2016 schrittweise entmietet worden. Laut Aussage dieser ehemaligen Mieter*innen schikanierte er sie mit Observierungen, Drohbriefen und Abmahnungen, aufgrund im Hausflur stehender Schuhe. Die erfolgslos gebliebene Räumungsklage, endete gut drei Jahre später mit einer Abfindung, woraufhin die letzte Mietpartei am 1.5.2019 auszog. Seither stand das Gebäude bis zur Besetzung im Oktober 2019 leer. Inzwischen sind Bauarbeiten im Gange. Offensichtlich will Maximilian Kehl wohl luxussanieren und teurer vermieten, die ehemaligen Mieter*innen werden wohl kaum wieder einziehen können.
Um den Menschen vor Gericht zu unterstützen, haben wir zu einer Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude aufgerufen, zu dem viele Menschen erschienen sind. Es gab laute Mukke, bunte Flyer und Hupkonzerte dank des Banners „Hupen gegen Miethaie“ – das können wir nur empfehlen. Danach liefen Menschen noch zur Krone, die immer noch leer steht, und lächelten alle in die Kamera. Danke für alle, die da waren!
Die weiteren Prozesse vor dem Jugendgericht folgen am 19.8, 14.9, 18.9 und 22.9. Kommt auch dort vorbei! Lasst uns weiterhin zeigen, dass Wohnraum kein Spekulationsobjekt ist!
Lasst uns gemeinsam dem staatlichen Angriff entgegentreten.
Für eine gerechte Gestaltung von Wohn- und Freiraum!
Die Häuser denen die drin wohnen.
Hier das letzte Wort der angeklagten Person:
Wir sind heute hier, wegen der Besetztung der Kronenstraße 21, einem großen Haus, das mittlerweile seit über einem Jahr leersteht. Die problematische Geschichte begann aber schon früher. Nach dem Kauf des Hauses 2017 fing Maximilian Kehl an, die Mietparteien mit verschiedenen Metoden zum Auszug zu zwingen. Laut Aussage ehemaliger Mieter*innen schikanierte er diese mit Observierungen, Drohbriefen und Abmahnungen, aufgrund im Hausflur stehender Schuhe. Die erfolgslos gebliebene Räumungsklage, endete mit einer Abfindung, woraufhin die letzte Mietpartei am 1.5.2019 auszog. So nahm der Rechtsstreit ein Ende.
Der Fall der Kronenstraße ist ein typischer Fall der Entmietung und Luxussanierung. Zwar ist nicht klar, wie die Wohnungen der Kronenstraße nach der immernoch andauernden Renovierung genutzt werden, es gibt jedoch ernstzunehmende Gerüchte, dass Büros und Luxuswohnungen entstehen sollen. Der Umbau von Wohnraum zu Büros kann jedoch nach dem seit dem 19. Dezember 2013 bestehenden „Gesetz über die Zweckentfremdung von Wohnraum“ als Zweckentfremdung eingestuft werden und steht somit als Ordnungswidrigkeit unter Strafe. Die Schikane, mit der eine der ehemaligen Mietparteien aus dem Haus geekelt wurde lässt auf das starke Interesse des Eigentümers schließen, durch Luxussanierung noch mehr Profit aus dem Haus herauszubekommen.
Entmietung und Luxussanierung sind die Motoren der Gentrifizierung. So können es sich nach und nach nur noch reiche Menschen leisten in der Stadt zu wohnen. Geringverdienende Menschen oder Menschen, die von Sozialhilfe leben, können sich die steigenden Mieten nicht mehr leisten. Sie landen auf der Straße oder müssen wegziehen.
Die Themen Wohnungsnot und hohe Mieten sind nichts Neues für die Stadt Freiburg. Laut Leerstandskataster der Stadt Freiburg stehen zur Zeit 500 Wohnungen leer. Im deutschlandweiten Vergleich ist das mit 0,4% relativ wenig, trotzdem ist jeder Leerstand im Angesicht der angespannten Wohnraumlage anzuprangern, denn jedes leerstehende Haus ist eines zu viel. Außerdem sind die Mieten in Freiburg zwischen 2012 bis 2019 um mehr als ein Fünftel gestiegen.
Hohen Mietpreise sind neben Armut etwa durch Trennung, Krankheit oder Arbeitsplatzverlust die häufigsten Gründe für Wohnungslosigkeit.
Diese Dynamik von Leerstand und steigenden Mieten erklärt die konstant hohe Zahl wohnungsloser Menschen in Freiburg, zudem sind immer mehr Menschen von Obdachlosigkeit bedroht, 2018 waren es insgesamt 2.730 Personen. Das stereotype Bild des faulen, psychisch kranken oder alkohol- und drogenabhängigen obdachlosen Menschen passt nicht mehr zu der heterogenen Gruppe der Wohnungslosen heutzutage. So stieg beispielsweise die Zahl der arbeitenden wohnungslosen Menschen zwischen 2007 und 2017 auf das Doppelte. Das heißt durch hohe Mieten reicht das Einkommen von immer mehr Menschen nicht mehr aus um die Miete zu bezahlen.
In Deutschland waren 2018 laut Schätzungen der BAG Wohnungslosenhilfe ca. 678.000 Menschen wohnungslos. Das sind 4,2% mehr als im Vorjahr. Die Mittel für sozialen Wohnungsbaus sind aber sogar niedriger angesetzt geworden.
Außerdem sollen pro jahr 80.000 bis 100.000 neue Sozialwohnungen benötigt werden und weitere 100.000 bezahlbare Wonungen, neu gebaut wurden zb 2017 aber lediglich 27.000. Damit sind nicht mal die Wohnungen ausgeglichen die aus der Sozialbindung fallen, das bedeutet bezahlbarer Wohnraum wird immer knapper.
Da stellt sich die Frage: Können neue gebaute Sozialwohnungen ein so großes Problem wirklich lösen oder müssen auch der höhe Mitspielge an sich in Frage gestellt werden?
Und wie kann schnell Wohnraum geschaffen werden für die Mensche die ihn am dringensten brauchen?
Auf dieses Fragen gibt es sicherlich verschiedenen Antworten und alle sind komplex. Trotzdem werden Menschen die nach Lösungen suchen und auf die Problematik aufmerksam machen wollen kriminaliesiert, während die Menschen die Wohnungen nutzen um hohe Gewinne zu erzielen, sich selbst daran bereichen und dabei anderen das Menschenrecht Wohnen verwähren, ungestraft davonkommen.
Warum werden diese Menschen geschützt und nicht die, die ihrer Grundbedürfnisse erfüllen wollen?
Sollten die Häuser nicht für die Leute da sein die sie wirklich brauchen?!